Aus der Hörgewohnheit entsteht eine Hörerwartung. Die Hörerwartung kann befriedigt oder enttäuscht werden. Die Befriedigung bzw. Enttäuschung der Hörerwartung führt zur Reaktion auf die bzw. zum Urteil über die Musik:
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gefällt mir |
gefällt mir nicht |
interessant |
langweilig |
aufmunternd |
einschläfernd |
richtig |
falsch |
harmonisch |
dissonant |
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Tonbeispiel
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Hier wird zunächst eine Hörerwartung geschaffen. (Bitte weitersingen!)
Die Hörerwartung resultiert aus unserer Hörgewohnheit. Man kennt nicht nur dieses konkrete Lied sondern auch viele, die so ähnlich klingen.
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Diese Hörerwartung kann befriedigt werden. (Das klingt richtig!)
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Diese Hörerwartung kann enttäusch werden. (Das ist doch falsch!)
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Natürlich kann sich die Hörerwartung entwickeln. Je öfter man dieses Beispiel hört, um so plausibler klingt es. Besonders der in Nr. 3 als falsch empfundenen Ton bekommt eine zwingende Logik.
Richtig und Falsch sind also relative Begriffe.
Die Hörgewohnheit entwickelt(e) sich:
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historisch – seit Urmenschen hören. Das Prasseln und Knistern eines wärmenden Lagerfeuers kann angenehm klingen. Wolfsgeheul in nächtlicher Stille oder auch dicht am Ohr vorbeifliegende Pfeile, Speere, Steine machen Angst. Den Hörer ängstigt auch besonders das, was hinter ihm passiert.
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während des gesamten Lebens – beginnend mit den ersten akustischen Wahrnehmungen im Mutterleib.
Der Klang des schlagenden Mutterherzens (Rhythmus!) bleibt in Erinnerung und wirkt nach der Geburt beruhigend, wenn das Baby ihn von außen hört. Experimente der Entwicklungspsychologen Anthony DeCasper und Melanie Spence belegen, daß Neugeborene sogar Texte wiedererkennen, die ihnen von ihren Müttern in den letzten Wochen der Schwangerschaft mehrmals täglich vorgelesen wurden.
Jedes Lied, das man singen gelernt hat, jeder Konzertbesuch trägt zur allmählichen und stetigen Entwicklung der Hörgewohnheit bei.
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in den verschieden Kulturkreisen recht unterschiedlich. Was in China gewöhnlich klingt kann in Europa als fremd empfunden werden.
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in den einzelnen Subkulturen (Kulturen innerhalb von Kulturen).
Punker, Hard-Rocker, Opernpublikum, Fußballfans, Bergsteiger ... ZDF-Zuschauer ... Was für den Außenstehenden einseitig wirkt kann für den Insider durchaus komplex und vielschichtig erscheinen.